Manhattan oder: Schlechter Kaffee
„Bitte töte mich nicht, halte mich nur in deinem Arm!“
Manchmal
erregte sie auf diese Weise noch sein Gemüt. Er vergaß darüber die
Wut und es wurde Nacht. Seine Hand langte nach dem Griff, einem
unschuldigen Opfer. In einer Gasse, eine Treppe hinab. Für ihn waren
Menschen Mordwaffen. Die Menschheit ein Heer. Halb Bajonett, halb
kümmerlicher Haufen. Diesen hier, hatte er im Griff. Er betrachtete
das Kellergewölbe, glitt mit seinem Blick über den Boden. Einer der
anderen kauerte in einer Ecke und schrieb. Er schrieb, dass es Funken
sprühte. „Kohlenhändler!“, rief er ihm zu. „Warum wachen wir
hier?“ Sein violettfarbener Atem stieg dabei in Wolken über die alten
Bücher hinweg. Auf einem Bein wankte der Schreiberling in Stiefeln
umher. Schließlich brachte er hervor: „In Ordnung, ich bezahle!“
Die
negativen Schwingungen duldete er, doch ihm über die Schulter zu
schauen nicht. „Hab ich nicht Recht, mit dem zweiten Stockwerk? Die
Kundschaft will eine, die sich die Taille wegschnürt. Mit
hochgeschlagenen Hosen, dass der Wind ihnen um die Beine schießt.“
Mit schüttelndem Kopf erwiderte er: „Ich bin jemand der wenigen, der sich
öffnet, gegenüber diesem Grau.“
Schräg
gegenüber blickte ihn seine mittellose Frau an. Im nächsten Moment
läutete die Glocke und alle begannen die Treppe hinauf zu rennen. Man
stieg in einen Wagen. Sie wurden in eine Gasse getrieben bis zu einem
schönen Haus unter dem ein Geschäft lag, das seit längerer Zeit
geschlossen schien. Ihre Augen schauten klirrend in die Fenster. Der
Geruch von verfaulten Äpfeln erfüllte die Luft. Er merkte wie
gefährlich diese ganze Fahrt ist und wie kalt ihm beim
Gedanken an die Kundschaft wurde. Dass er heut mit dem Wagen
unterwegs war, war nur eine Laune. Ihr Blick durchschweifte den
Nachthimmel und blieb hängen an den goldenen Sternen. Unwissend
blickte sie ihn an. Fast unschuldig. Sie stieß heraus: „Du
bleibst!“
Er
lüftete still seinen Hut, ohne etwas zu antworten. Eine unangenehme
Zukunft stand ihm bevor. Aber er dachte an das wirklich gelungene
Orchester am Platz.
„Ich
gehe“, sagte er. Dann stieß er ihr das Messer in die Brust, dass
sie ächtzte. Sie griff nach seinem Arm und flüsterte:
„Wohl wahr, ich rede
von Träumen, von den
Kindern eines müßigen Hirns, von nichts als eitler Phantasie
erzeugt.“ Er nahm von rechts die Schaufel, stieß, bis sie
verstummte. Er lud sie in den Kofferraum, fuhr ein Stück und warf
den Balast in einen Graben. Eine Erleichterung, ja eine Beflügelung
überkam ihn. Die Nachtschatten wurden ihm zum Freund.
Es umgriff ihn, er konnte
es hören. Die Kälte wich, ein Sonnenstrahl, der Morgen.
Blütenträume durchschweiften seine Gedanken. Er verfiel einer
Sommerblumenwiese. Ja, er besaß eine blühende Fantasie, sie trieb
ihn durch die entlegensten Orte der Welt. Konstrukte, die schöner
nicht sein konnten.
Bis ein stärkerer Gedanke
dazwischen trat. „Was soll dieser stumme Gedanke, der meine Träume
mit Füßen tritt?“ Das Gift durchströmte ihn.
„Dass ich niemanden mehr
habe, habe ich übersehen. Wie soll ich zu einem Ende kommen?“
Er mochte an ihrer Seite
verenden wollen, doch er war zu eilig. Der Schrecken der Erkenntnis
erinnerte ihn an den schlechtesten Kaffee den er je getrunken hatte.
Damit stieg er hinab und auch die Wut wich wieder von ihm.
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